Resettlement- und Kontingentflüchtlinge

Fast alle Geflüchteten, die in Deutschland Asyl beantragt haben, haben ihre Reise hierher eigenständig bewältigt und die Grenze nach Deutschland illegal übertreten. Es gibt nur wenige Programme, die Geflüchteten eine Einreise nach Deutschland auf legalem Weg ermöglichen. Hierzu gehören das Resettlement-Programm und humanitäre Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern, die Flüchtlinge direkt aus ihren Heimatländern oder angrenzenden Nachbarstaaten aufnehmen. Diese Personen erhalten in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis und müssen das Asylverfahren nicht durchlaufen. Kein Aufnahmeprogramm in diesem Sinne ist das Relocation-Programm. In dessen Zuge werden Geflüchtete aus überlasteten EU-Staaten auf andere EU-Staaten umverteilt. Sie bekommen keinen Aufenthaltsstatus, sondern müssen in dem Aufnahmeland das Asylverfahren durchlaufen. Im Folgenden werden die Aufnahmeprogramme sowie das Relocation-Programm näher vorgestellt.

Resettlement

Die Resettlementprogramme sind Ergebnis einer Kooperation zwischen dem UNHCR und den zur Aufnahme von Geflüchteten bereiten Staaten. Aufgenommen werden Personen aus sogenannten Erstzufluchtstaaten. Diese Staaten beherbergen oft eine Vielzahl an Personen, die aus dem Nachbarland vor den dort herrschenden Konflikten geflohen sind. Um von dort aus über ein Resettlementprogramm in einem anderen Staat aufgenommen zu werden, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Die Personen müssen vom UNHCR als Flüchtlinge anerkannt worden sein und einen besonderen Schutzbedarf aufweisen. Um festzustellen, welche Personen für das Aufnahmeprogramm infrage kommen, hat der UNHCR einen Kriterienkatalog entwickelt, von dem mindestens ein Kriterium auf die Person zutreffen muss.

Die Kriterien sind:

  • Personen mit besonderen rechtlichen und physischen Schutzbedürfnissen
  • Personen mit besonderem medizinischem Behandlungsbedarf
  • Überlebende Opfer von Gewalt und Folter
  • Frauen mit besonderer Risikoexposition
  • Flüchtlingskinder und heranwachsende Flüchtlinge
  • Ältere Flüchtlinge
  • Personen, die aus anderen Gründen keinerlei Perspektive auf eine Eingliederung im derzeitigen Aufenthaltsstaat haben
  • Personen, deren Familienangehörige sich bereits in einem Drittstaat befinden

Meistens haben die aufnehmenden Staaten weitere Kriterien, die sie zur Bedingung einer Aufnahme machen. Darunter fallen oftmals Schulbildung und Berufsabschlüsse sowie Sprachkenntnisse oder Religionszugehörigkeit, welche Aufschluss auf ökonomischen Nutzen oder Integrationsfähigkeit der Personen geben sollen.

Im Jahr 2016 wurden 125.600 Personen über ein Resettlementprogramm in ein anderes Land aufgenommen. Dies ist im Hinblick auf die über 60 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, eine sehr geringe Zahl. Deutschland beteiligte sich seit 2012 mit einer Aufnahmezahl von 300 bzw. 500 Personen pro Jahr an dem Programm. Für 2016 und 2017 erhöhte es die Zahl auf 800. Deutschland verrechnet allerdings die Zahl der Resettlement-Flüchtlinge mit der Zahl der geflüchteten Menschen aus Syrien, die im Rahmen des EU-Türkei-Deals aufgenommen werden.

Personen, die über das Resettlementprogramm aufgenommen werden, bekommen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 4 AufenthG. Im Wesentlichen sind sie den Personen, die eine Asylberechtigung oder Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen haben, gleichgestellt. Zunächst wird ihnen eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Auch für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und die Erteilung der Niederlassungserlaubnis gelten dieselben Bedingungen wie bei Asylberechtigten und Personen mit Flüchtlingseigenschaft. Dies ergibt sich aus § 26 Abs. 3 Satz 6 AufenthG. Resettlement-Flüchtlinge haben eine Wohnsitzauflage und bekommen einen Integrationskurs finanziert. Außerdem können sie im Rahmen des Familiennachzugs ihre Kernfamilie nach Deutschland holen. Ab Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist ihnen die Erwerbstätigkeit gestattet. Für den Fall der Arbeitslosigkeit beziehen sie Leistungen nach SGB II oder SGB XII. Im Gegensatz zu Personen mit Flüchtlingseigenschaft erhalten sie keinen blauen Flüchtlingspass, sondern regelmäßig einen Reiseausweis für Ausländer (§ 6 Satz 4 Aufenthaltsverordnung, AufenthV).

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Humanitäre Aufnahmeprogramme Bund

In akuten Kriegs- und Krisensituationen kann ein Staat sich dazu entscheiden, über eigene humanitäre Aufnahmeprogramme Personen aus diesen Krisengebieten oder den angrenzenden Ländern aufzunehmen. Die Einzelheiten zu Aufnahmeverfahren, Aufnahmekriterien und Zielgruppe werden vom aufnehmenden Staat selbst festgelegt und können sich von Aufnahmeverfahren zu Aufnahmeverfahren unterscheiden. Zwischen den Jahren 2013 und 2015 gab es drei humanitäre Aufnahmeprogramme des Bundes, die der Bundesinnenminister in Absprache mit den Bundesländern in Aufnahmeanordnungen beschlossen hatte, über die insgesamt 20.000 SyrerInnen und Staatenlose, die in Syrien gelebt hatten, nach Deutschland kamen.

Bei den vergangenen drei Aufnahmeprogrammen für SyrerInnen sollten die Personen Verbindungen zu Deutschland, wie beispielsweise Verwandte, aufweisen und besondere Schutzbedarfe oder Qualifizierungen haben. Auch die Bereitschaft der schon in Deutschland lebenden Verwandten, eine Verpflichtungserklärung zu unterschreiben und damit für alle finanziellen Belange ihrer Angehörigen aufzukommen, spielten eine Rolle.

Personen, die über ein humanitäres Aufnahmeprogramm des Bundes nach Deutschland gekommen sind, erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG. Die weiteren Umstände ihres Aufenthalts sind nicht vollständig rechtlich festgesetzt, weshalb in den einzelnen Aufnahmeanordnungen oder Erlassen die näheren Bestimmungen hierzu festgelegt sind.

Personen, die über die letzten drei Aufnahmeprogramme des Bundes nach Deutschland eingereist sind, bekamen eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre mit Aussicht auf anschließende Verlängerung. Sofern ihre Verwandten keine Verpflichtungserklärung unterschrieben haben, erhalten die Personen Leistungen nach SGB II oder SGB XII. Die Kosten der medizinischen Versorgung müssen die Verwandten auch bei Existenz einer Verpflichtungserklärung nicht selbst tragen. Außerdem bekamen die aufgenommenen Personen eine Wohnsitzauflage, die bei Ausübung einer Beschäftigung aufgehoben werden kann. Die Erwerbstätigkeit ist ab Erhalt der Aufenthaltserlaubnis gestattet. Die Teilnahme an einem Integrationskurs ist kostenlos. Für Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG ist ein erleichterter Familiennachzug nach § 29 Abs. 2 AufenthG nicht möglich. Denn normalerweise wird davon ausgegangen, dass die Familie zusammen gereist ist. Ein Nachzug der Familie ist nur nach § 29 Abs. 3 AufenthG möglich, was bedeutet, dass es völkerrechtliche oder humanitäre Gründe geben oder es um die Wahrung der politischen Interessen Deutschlands gehen muss, damit ein Familiennachzug gestattet wird.

Seit dem 11. Januar 2017 gibt es ein neues humanitäres Aufnahmeprogramm, über welches die Aufnahme von SyrerInnen und staatenlosen Personen, die in Syrien gelebt haben aus der Türkei erfolgt. Dieses Programm stellt allerdings keine zusätzlichen Aufnahmeplätze bereit. Im Rahmen von Relocation hat sich Europa verpflichtet, 160.000 Personen von Italien und Griechenland in andere Länder umzusiedeln. Durch das Aufnahmeprogramm können nun 13.700 Personen aus der Türkei nach Deutschland kommen. Diese Zahl wird mit den 160.000 EU-weiten Relocationplätzen verrechnet, sodass sich die Gesamtzahl der Aufnahmen nicht erhöht. Über Relocation wird Deutschland noch weitere 27.500 Personen aufnehmen. Die Auswahl der Personen für das Aufnahmeverfahren erfolgt in der Türkei über die türkische Migrationsbehörde DGMM. Verwandte aus Deutschland können keine Personen für das Aufnahmeverfahren vorschlagen. Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme nach Deutschland trifft das BAMF. Hierbei werden Kriterien wie Einheit der Familie, Verbindungen nach Deutschland, Integrationsfähigkeit und Grad der Schutzbedürftigkeit in die Auswahl mit eingebunden. Personen, die über dieses Aufnahmeprogramm des Bundes nach Deutschland gekommen sind, erhalten ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG. Für die Personen gelten dieselben aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen wie für die Geflüchteten, die über die vorherigen Aufnahmeprogramme gekommen sind.

Humanitäre Aufnahme Land

Auch die Bundesländer können in Absprache mit dem Bund humanitäre Landesaufnahmeprogramme beschließen. Im Juni 2013 beschloss der Bundestag, dass alle Bundesländer mit Ausnahme von Bayern humanitäre Aufnahmeprogramme zur Aufnahme von SyrerInnen aus Syrien, den Nachbarstaaten und Ägypten einrichten sollten. Die Anforderungen an die Aufnahme unterschieden sich in den Bundesländern in einigen wenigen Punkten, es gab aber auch wesentliche grundsätzliche Gemeinsamkeiten.

Bei den Aufnahmeprogrammen handelte es sich um einen Familiennachzug von Verwandten ersten (Ehepartner, Kinder, Eltern) und zweiten Grades (Großeltern, Enkel, Geschwister) zu ihren hier in Deutschland lebenden Angehörigen. Um die Teilnahme an den Landesprogrammen beantragen zu können, mussten die in Deutschland lebenden Angehörigen sich seit dem 01.01.2013 in Deutschland befinden und einen deutschen Pass oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde der Mindestaufenthalt von einigen Bundesländern auf ein Jahr festgelegt. Die Verwandten mussten eine Verpflichtungserklärung unterschreiben und damit für alle finanziellen Belange ihrer Angehörigen aufkommen. Ausnahme sind auch hier in vielen Bundesländern die Kosten der Krankenversorgung. Seit dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 06.08.2016 gilt eine Verpflichtungserklärung für die Dauer von fünf Jahren. Verpflichtungserklärungen, die vor diesem Datum unterschrieben wurden, erlöschen drei Jahre nach Einreise der Person, für die man sich verpflichtet hat. Eine Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt nicht zu einem Erlöschen der Verpflichtungserklärung (§§ 68, 68a AufenthG). Berlin ist seit dem 30.01.2017 das einzige Bundesland, das es ermöglicht, bis zum 31.12.2017 auch für irakische Angehörige eine Aufnahme zu beantragen.

Personen, die durch ein Landesaufnahmeprogramm nach Deutschland gekommen sind, erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für ein oder zwei Jahre nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Auch hier ist nach Ablauf dieser Zeit eine Verlängerung möglich. Die Personen erhalten keine Sozialleistungen, da ihre Verwandten eine Verpflichtungserklärung unterschrieben haben, Ausnahme ist in den meisten Bundesländern die Krankenversorgung, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erfolgt. In Baden-Württemberg müssen die Kosten der Krankenversorgung allerdings von den Verwandten getragen werden, welche die Verpflichtungserklärung unterschrieben haben. Die Wohnsitzauflage gilt für den Landkreis oder das Bundesland, in dem die Verwandten leben und kann bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die ab Erhalt der Aufenthaltserlaubnis gestattet ist, aufgehoben werden. Ein Familiennachzug sowie die kostenlose Teilnahme an einem Integrationskurs sind nicht möglich.

Inzwischen sind fast alle Landesaufnahmeprogramme ausgelaufen. In Berlin und Schleswig-Holstein laufen die Aufnahmeprogramme zum 31.12.2017 aus. Bisher ist Thüringen das einzige Bundesland, in welchem eine Aufnahme noch bis zum 31.12.2018 beantragt werden kann. 

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Relocation

Relocation ist kein klassisches Aufnahmeprogramm, sondern eine Umsiedlung von geflüchteten Personen innerhalb Europas, die vor allem dazu dient, die EU-Staaten an den europäischen Außengrenzen zu entlasten. Die Personen, die im Rahmen von Relocation umverteilt werden, bekommen keinen automatischen Aufenthaltstitel, sondern sie müssen in dem Aufnahmestaat das Asylverfahren ganz normal durchlaufen. Umverteilt werden im Moment Personen aus Italien und Griechenland. Sie werden vor Ort mit der Hilfe von Mitarbeitenden der EASO (European Asylum Support Office) ausgewählt. Voraussetzung ist, dass die Personen, in dem Land, aus dem umverteilt werden soll, einen Asylantrag gestellt haben und ihre Schutzquote mindestens 75 Prozent beträgt. Es darf nicht noch in einem weiteren EU-Land ein Asylantrag gestellt worden sein. Das BAMF erteilt dann schlussendlich die Aufnahmezusage.

Laut einem Beschluss vom September 2015 sollen innerhalb von zwei Jahren insgesamt 160.000 Personen aus Griechenland und Italien von verschiedenen EU-Ländern aufgenommen werden. Bislang wurden in der Europäischen Union insgesamt rund 32.400 Personen umgesiedelt. Deutschland sollte im Rahmen der Relocation-Programme über 27.500 Personen aufnehmen. Laut Europäischer Kommission hat Deutschland bislang 4.392 Personen aus Italien und 5.332 Personen aus Griechenland aufgenommen (Stand Dezember 2017).

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