Bildung - Schule, Berufsschule, Studium

Geflüchtete haben aus rechtlichen Gesichtspunkten in der Regel Zugang zu Vorschul-, Berufs-, Hochschul- sowie zu allgemeiner Schulbildung. In der Praxis gibt es jedoch einige Hürden.

Frühkindliche Bildung

Kinder von Asylsuchenden und Geduldeten haben denselben Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung wie alle Kinder. Sobald Kinder das erste Lebensjahr vollendet haben und nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende wohnen müssen, dürfen sie in eine Kinderkrippe oder zu einer Tagepflegeperson gehen. Nach Vollendung des dritten Lebensjahrs und bis zum Schuleintritt besteht Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte (§ 24 SGB VIII). Können die Eltern den anfallenden Elternanteil nicht bezahlen, übernimmt das Jugendamt die Kosten (§ 90 Abs. 2 und 3 SGB VIII). Das größte praktische Problem in dieser Hinsicht sind die fehlenden Kinderbetreuungsplätze.

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Allgemeinbildende Schule

Die allgemeine Schulpflicht erstreckt sich in Baden-Württemberg auf alle Kinder und minderjährigen Jugendlichen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesland haben. Somit fallen natürlich auch Kinder von Asylsuchenden und Geduldeten darunter, die mindestens das sechste Lebensjahr vollendet haben. Die Schulpflicht beginnt gemäß dem Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG BW) sechs Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland (§ 72 Abs. 1 SchG BW). Auch vor Ablauf dieses Zeitraums besteht jedoch bereits das Recht, zur Schule zu gehen, das aus Art. 11 der Landesverfassung BW abgeleitet werden kann. Deutsch lernen ausländische Kinder und Jugendliche in der Regel in sog. VKL-Klassen (Vorbereitungsklassen), die an allen Schularten eingerichtet werden können.

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Berufsschule

Für Jugendliche, die nicht mehr der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, gilt in Baden-Württemberg die Berufsschulpflicht. Diese dauert maximal drei Jahre und endet mit dem Ablauf des Schuljahres, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird (§ 77 u. 78 SchG BW). Auch Asylsuchende und Geduldete – ob in Ausbildung oder nicht – können bzw. müssen Berufsschulbildung in Anspruch nehmen. In den sog. VABO-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf für Jugendliche ohne Deutschkenntnisse) können Migrant*innen im Alter von 15-19 Jahren Deutschunterricht erhalten und erste berufliche Vorkenntnisse erwerben. Auf freiwilliger Basis können Berufsschulen jedoch auch ältere Personen aufnehmen.

Studium

Ein Studium ist mit einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung rechtlich ohne gesonderte Erlaubnis möglich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Aufnahme eines Studiums unter dem Punkt „Nebenbestimmungen“ in der Aufenthaltsgestattung oder Duldung ausdrücklich verboten ist, was in Baden-Württemberg unüblich ist. Die Zugangsvoraussetzungen sind je nach Hochschule und Studiengang unterschiedlich, meist sind jedoch eine Hochschulzugangsberechtigung sowie fortgeschrittene Sprachkenntnisse (B2- / C1-Niveau) Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums.

In der Praxis stellt die Wohnsitzauflage eine regelmäßige Hürde für die Aufnahme eines Studiums dar. Personen mit einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung haben immer eine Wohnsitzauflage, wenn ihr Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 61 Abs. 1d AufenthG und § 60 Abs. 1 und 2 AsylG). Der Bezug von BAföG Leistungen ist allerdings unschädlich (§ 2 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG), was eine Aufhebung der Wohnsitzauflage begünstigt (mehr zur Finanzierung eines Studiums, siehe nächster Abschnitt). Für all diejenigen, die keine BAföG Leistungen erhalten und ihren Lebensunterhalt nicht selbst sichern können, ist die Aufnahme des Studiums meist unmöglich, wenn der Studienort zu weit vom Wohnort entfernt liegt. Denn Umverteilungsanträgen, die sich auf einen Studienwunsch beziehen, werden selten stattgegeben. Anders sieht es bei Geflüchteten mit einem Schutzstatus aus. Sie erhalten zwar eine Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 1 AufenthG, hier ist jedoch eindeutig geregelt, dass die Aufnahme eines Studiums auf Antrag zur Aufhebung der Wohnsitzauflage führt (§ 12 a Abs. 5 Nr. 1b) AufenthG). Ein Umzug an den Studienort ist also möglich.

Eine weitere Herausforderung ist vielfach die Finanzierung des Studiums. Gestattete und Geduldete können zunächst Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, also (aufstockende) Asylbewerberleistungen, bei Aufnahme eines Studiums gewährt werden. Selbiges gilt für diejenigen, die bereits länger als 18 Monate in Deutschland sind, sie erhalten sog. (aufstockende) „Analogleistungen“ nach § 2 AsylbLG (>>Sozialleistungen für Flüchtlinge). Die (aufstockenden) Leistungen nach § 2 AsylbLG werden für Gestattete entweder ganz oder teilweise als Darlehen von den Sozialämtern erbracht. BAföG können Gestattete i.d.R. erst nach Erfüllung einer Wartefrist von fünf Jahren erhalten (§ 8 Abs. 3 BAföG).  Geduldete dagegen können, unter bestimmten Voraussetzungen, bereits nach einer Aufenthaltsdauer von 15 Monaten BAföG in Anspruch nehmen (§ 8 Abs. 2a BAföG). Geflüchtete mit einem Schutzstatus können, je nach Aufenthaltserlaubnis, ihr Studium über BAföG finanzieren (§ 8 Abs. 2 BAföG). Unproblematisch sollte das mit einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 1 und 2 AufenthG funktionieren. Mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG besteht ein Anspruch ab einer Aufenthaltsdauer von 15 Monaten. Zusätzlich können viele Anerkannte SGB II-Leistungen erhalten, manchmal ist die Voraussetzung, dass BAföG tatsächlich bezogen wird. Eine andere Art der Studienfinanzierung können Stipendien sein. Die Voraussetzungen sind heterogen und müssen einzelfallbezogen recherchiert werden.

Seit Mai 2017 gibt es in Baden-Württemberg Studiengebühren in Höhe von 1500 € für ausländische Studierende. Ausgenommen davon sind Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG, mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG ab einer Aufenthaltsdauer von 15 Monaten, Geduldete ab einer Aufenthaltsdauer von 15 Monaten sowie Gestattete aus Ländern mit einer Schutzquote von über 50 Prozent (§ 5 und § 6 Landeshochschulgebührengesetz).

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