Flüchtlinge weltweit und bei uns - Zahlen und Fakten

Im Jahr 2021 waren insgesamt 16,1 Millionen Menschen (2020: 11,2 Millionen) neu dazu gezwungen, ihre Heimat aufgrund von gewaltvollen Konflikten, Kriegen, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und Krisen, die die öffentliche Ordnung bedrohten, zu verlassen. Diese Zahl umfasst neben Menschen, die zum ersten Mal flüchten mussten, auch diejenigen, die erneut zur Flucht gezwungen wurden. Das bedeutet: 2021 begaben sich im Durchschnitt jeden Tag 44.109 Menschen auf die Flucht – mehr als alle zwei Sekunden eine Person (UNHCR Global Trends Report 2021).

Aber nur ein kleiner Bruchteil der weltweit insgesamt 89,3 Millionen flüchtenden Menschen flieht nach Europa. In Deutschland stellten 2021 beispielweise nur 190.816 Menschen einen Asylantrag (BAMF 2022: Asylzahlen).

Diese Zahlen liefern eine gute Möglichkeit, sich ein Bild über die gegenwärtigen Fluchtbewegungen zu machen. Trotzdem ist hier kritisches Mitdenken von Nöten: Es ist grundsätzlich sinnvoll, zu fragen, wer welche Daten auf welcher Grundlage erhebt. Das UNHCR weist beispielsweise explizit daraufhin, dass die Daten, die in den jährlichen Global Trends Reports veröffentlicht werden, auf verschiedenen Angaben von Regierungen, NGOs und eigenen Erhebungen basieren und behält sich darüber hinaus mögliche Änderungen vor. Eine Frage, die sich daraus ergibt, ist, welche Personengruppen (z.B. nur vom UNHCR registrierte Schutzsuchende) erfasst werden und welche nicht und wie genau die vorliegenden Zahlen vor diesem Hintergrund interpretiert werden müssen. Hilfreich ist also stets, verschiedene Quellen zu Rate zu ziehen und miteinander abzugleichen.

 

Geflüchtete weltweit

Im Jahr 2021 waren weltweit insgesamt 89,3 Millionen Menschen auf Grund von Verfolgung, gewaltsamen Konflikten oder anderweitigen Menschenrechtsverletzungen auf der Flucht (2020: 82,4 Millionen; 2019: 79,5 Millionen). Mehr als ein Prozent der Weltbevölkerung befindet sich folglich auf der Flucht, das sind mehr Menschen als je zuvor. Außerdem begaben sich 2021 auch mehr Menschen auf die Flucht als im Jahr zuvor (2021: 16,1 Millionen; 2020: 11,2 Millionen). Auch die Zahl der Asylanträge beim UNHCR oder bei einem Nationalstaat sind um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (2021: 1,7 Millionen; 2020: 1,3 Millionen). Dennoch bleibt die Zahl der Anträge noch immer hinter dem Niveau vor der Corona-Pandemie zurück (2019: 2,2 Millionen; 2018: 2,1 Millionen). Die meisten der insgesamt 89,4 Millionen Geflüchteten im Jahr 2021 flüchteten allerdings nicht ins Ausland: Mehr als 51,3 Millionen Menschen (2020: 48 Millionen) suchten eine Zuflucht innerhalb des eigenen Landes (sogenannte Binnenvertriebene).

Mehr als zwei Drittel aller Geflüchteten (ca. 68 Prozent), die außerhalb ihres Landes Schutz suchten, kommen aus nur fünf Staaten: Syrien (6,8 Millionen), Venezuela (4,6 Millionen), Afghanistan (2,7 Millionen), Südsudan (2,4 Millionen) und Myanmar (1,2 Millionen) (UNHCR Global Trends Report 2021). Diese Zahlen sind zwischen 2012 und 2015 insbesondere wegen des Konflikts in Syrien immens gestiegen. Auch zehn Jahre nach Kriegsbeginn kommt der größte Anteil der weltweit geflüchteten Menschen aus Syrien. Aber auch die Situation in Venezuela spielt eine große Rolle (>> Fluchtursachen, siehe Abschnitt „Krieg und Gewalt“). Weiterhin relevant für die Zusammensetzung der aktuellen Zahlen ist die Flucht muslimischer Rohingya, die aufgrund von Verfolgung und Unterdrückung von Myanmar nach Bangladesch und Malaysia fliehen: Ende 2021 belief sich die Zahl auf rund 1,2 Millionen Personen.

Allgemein erweist sich die globale Verteilung von Geflüchteten auf andere Länder – gemessen am Einkommensniveau der Aufnahmeländer – als extrem ungleich. Nur 16 Prozent der Geflüchteten lebten 2021 in wirtschaftlich stark entwickelten Ländern (sogenannte „high-income countries“). Knapp ein Viertel (22 Prozent) lebte in den am wenigsten entwickelten Ländern („low-income countries“). Die große Mehrheit aller Geflüchteten (61 Prozent) lebte in sog. „middle-income countries“ (UNHCR Global Trends Report 2021).

Besonders dramatisch ist die Situation für Kinder: Allein 42 Prozent der 89,3 Millionen Flüchtenden sind minderjährig. Das UNHCR schätzt, dass von 2018 bis 2021 mehr als 1,5 Million Kinder auf der Flucht geboren wurden. Diese Kinder sind ganz besonders gefährdet, denn sie werden häufiger als Kindersoldat*innen rekrutiert, müssen Kinderarbeit leisten oder werden Opfer von Kinderhandel (ECPAT 2022). Lange Jahre der Flucht verhindern außerdem grundsätzliche Schulbildung und verstärken das Risiko auf lebenslange Armut (UNHCR 2022: Flüchtlingskinder).

2021 kehrten 429.300 Geflüchtete freiwillig mit Hilfe des UNHCR oder eigenständig in ihre Heimatländer zurück. Die Zahl der rückgekehrten Geflüchteten ist im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen (2020: 251.000) und befindet sich wieder auf dem Niveau der Zeit vor der Corona-Pandemie.

Die zehn größten Aufnahmeländer von Geflüchteten werden in der nachfolgenden Grafik dargestellt:

Die Fluchtwege

Flucht ist ein gefährliches und teures Unterfangen, da es nur selten Visa für Flüchtende gibt und sie somit zu illegalen Grenzüberschreitungen gezwungen werden. Die meisten Vertriebenen bleiben daher, wenn möglich, in ihrem Land oder in den angrenzenden Staaten. Die allerwenigsten begeben sich auf den Weg nach Europa. Wurden 2015 laut FRONTEX, der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, mehr als 1,8 Millionen irreguläre Grenzüberschreitungen gezählt, waren es 2021 nur noch 199.900.

Insgesamt sind im Jahr 2021 weltweit mindestens 5.914 Menschen auf der Flucht gestorben oder wurden vermisst gemeldet, die Dunkelziffer wird weit höher geschätzt (Missing Migrants Project 2022). In Afrika allein wurden 2021 1.599 Todesfälle registriert. Die Zahl der nicht registrierten Fälle dürfte auch hier um ein Vielfaches höher liegen. Ein großes Risiko stellt insbesondere die sogenannte Sahelroute dar, die durch die Sahara verläuft: viele Menschen verdursten in der Wüste auf dem Weg aus ihren Heimatländern (bspw. Mali, Sudan oder Tschad) in Zielländer wie Libyen, Südafrika und die Golfstaaten (UNO Fluchtroute Sahelzone).

Zu den häufigsten Fluchtrouten zählt nach wie vor der Weg über das Mittelmeer. Aus westafrikanischen Ländern flüchten Schutzsuchende über Niger und Mali nach Algerien oder Marokko, um über die westliche Mittelmeerroute nach Spanien zu gelangen. Die zentrale Mittelmeerroute, die Flüchtende aus Ländern wie Somalia, Eritrea oder dem Sudan nutzen, führt über Libyen nach Italien oder Malta. Insbesondere der Weg durch Libyen ist gefährlich, denn dort werden Schutzsuchende häufig Opfer von Sklaverei, Inhaftierung, Folter und gezielter Gewalt.

Die Mittelmeerroute wird als „tödlichste Seeroute der Welt“ bezeichnet. Im Jahr 2021 sind rund 123.318 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen, mindestens 3.231 Menschen starben bei der Überquerung oder werden noch vermisst. 2021 sind diese Zahlen wieder leicht angestiegen, nachdem sie in den letzten Jahren durch Corona deutlich geringer waren als in den Jahren zuvor (2020: 95.774 Ankünfte und 1.881 Todesfälle, 2019: 123.663 Ankünfte und 1.335 Todesfälle, UNHCR: Operational Data Portal). Die europäische Politik vermeidet weiterhin eine flächendeckende, institutionalisierte Seenotrettung. Stattdessen häufen sich völkerrechtswidrige und gewaltsame „Push-Backs“ (Zurückdrängung) von Flüchtenden an den Außengrenzen (Bericht Monitor). Als Antwort auf die vielen Sterbenden im Mittelmeer gründeten sich private Initiativen wie die internationale Bewegung „Seebrücke“, die diese Lücke zu schließen versuchen, zunehmend aber behindert und kriminalisiert werden (UNHCR: FAQ Seenotrettung).

Wie sich die Zahlen der Menschen, die übers Mittelmeer nach Europa kamen, in den letzten Jahren entwickelt haben, ist in der folgenden Grafik zu sehen:

(Quelle: UNHCR: Operational Data Portal)

 

Nützliche Links:

  • Watch the med - Online Mapping Plattform, die Todesfälle und Menschenrechtsverletzungen an Migrant*innen an den Außengrenzen der EU nachverfolgt
  • Alarmphone - ein selbstorganisiertes Call-Center für Geflüchtete, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten
  • Seebrücke – Initiative, die sich für sichere Fluchtwege, Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme Geflüchteter einsetzt

 

Geflüchtete in Europa

Im Jahr 2021 wurden in der EU 630.500 Asylanträge gestellt. 535.000 Anträge davon waren Erstanträge, das bedeutet einen Anstieg um 33 Prozent zu 2020, doch einen 10 Pozent geringeren Anstieg als 2019, vor der COVID-19-Pandemie. 183.600 Asylsuchende waren noch minderjährig, davon fast 13 Prozent unbegleitet. Insgesamt wurden etwa 257.000 Asylsuchende innerhalb der EU als schutzberechtigt anerkannt. Die meisten Erstasylanträge wurden von Personen aus Syrien gestellt (18,3 Prozent), gefolgt von Afghanistan (15,7 Prozent) und Irak (4,7 Prozent). Der größte Rückgang der Asylerstanträge wird für Staatsangehörige Kolumbiens verzeichnet: Verglichen mit dem Vorjahr ging die Anzahl der Erstanträge um 54,8 Prozent zurück.

Die Anerkennungsquoten innerhalb der EU unterscheiden sich stark: Beispielsweise lag die Schutzquote für Menschen aus Afghanistan zwischen 9 Prozent in Bulgarien und 100 Prozent in Spanien und Portugal. Insgesamt warteten Ende 2020 noch 758.700 Menschen auf eine Entscheidung bezüglich ihres Asylantrages (Eurostat 2022; EU 2022).

In der EU richten sich Asylverfahren nach dem "Gemeinsamen Europäische Asylsystem" (GEAS), u.a. bestehend aus der Asylverfahrens-, Aufnahme- und der Qualifikations-Richtlinie sowie der Dublin-III-Verordnung. Diese Richtlinien müssen von den EU-Staaten umgesetzt werden. Die Dublin-Verordnung schreibt fest, dass Geflüchtete in nur einem EU-Staat einen Asylantrag stellen dürfen. Zudem können sich Geflüchtete grundsätzlich nicht aussuchen, in welchem Staat das Verfahren durchgeführt wird. Gleichzeitig sollen die Richtlinien bewirken, dass EU-weit einheitliche Schutzstatus (Qualifikationsrichtlinie) sowie bestimmte Rechte und Aufnahmestandards während des Asylverfahrens gewährleistet sind (Asylverfahrens- und Aufnahmerichtlinie). Seit 2016 wird in der EU über mögliche Reformen des GEAS verhandelt. Eine „gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten“ wird gefordert und Sekundärmigration soll unterbunden werden. Die Verhandlungen stocken immer wieder. Im September 2020 hat die Europäische Kommission einen vorschlag für ein neues Migrations- und Asylsystem eingebracht (Europäische Kommission: 2020, Europäischer Rat: Reform des EU-Asylsystems), der weiterhin in der Schwebe ist.

Geflüchtete in Deutschland

2021 stellten 190.816 Personen einen Asylantrag in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahr (122.170 Asylanträge) bedeutet dies einen Anstieg um 56,2 Prozent. Von den 148.233 Erstanträgen entfallen 25.879 auf Anträge, die für in Deutschland geborene Kinder gestellt wurden. Tatsächlich sind also nur ca. 122.000 Menschen im vergangenen Jahr neu eingereist (BAMF 2022: Asylzahlen).  Die meisten Menschen, die 2021 in Deutschland Erstanträge stellten, kamen aus Syrien (rund 37 Prozent), Afghanistan (15,7 Prozent) und dem Irak (10,5 Prozent).

Auch wenn die Zahlen im Vergleich zum letzten Jahr deutlich angestiegen sind, liegen sie immer noch deutlich hinter den von 2015 und 2016 (2015: 476.469, 2016: 745.545). Ein Grund für die vergleichsweise niedrigen Zahlen in den letzten zwei Jahren ist sicherlich die Corona-Pandemie, welche zu Grenzschließungen und einem erschwerten Zugang zu Behörden führte. Sie haben aber auch zu einem großen Teil mit der europäischen Abschottungspolitik zu tun: Im Mittelmeer ertrinken tausende Menschen, die griechisch-türkische Landgrenze ist geschlossen, in Bosnien sitzen Schutzsuchende in Lagern fest und die ungarischen und kroatischen Grenzen sind ebenfalls hermetisch abgeriegelt.

2021 wurden 3.249 Asylerstanträge von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten gestellt. 44,6 Prozent dieser Personen kamen aus Afghanistan, 28,5 Prozent aus Syrien. Unbegleitete minderjährige Geflüchtete sind Personen unter 18, die ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen einreisen. Damit sind sie besonders vulnerabel (BAMF - Bundesamt in Zahlen 2021).

Die folgende Grafik schlüsselt alle Asylerstanträge aus dem Jahr 2021 nach den Staatsangehörigkeiten der Antragsteller*innen auf:

(Quelle: BAMF 2022: Asylzahlen)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat 2021 über insgesamt 149.954 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) entschieden (2020: 145.071). Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten (Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiärer Schutz gemäß § 4 Absatz 1 AsylG und Abschiebungsverbot gemäß § 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG) bei 39,9 Prozent (59.848 positive Entscheidungen von insgesamt 149.954). Im Vergleich zum Vorjahreswert (43,1 Prozent) sank die Gesamtschutzquote um 3,2 Prozentpunkte. Personen aus Syrien (99,9 Prozent) und Afghanistan (58 Prozent) bekamen deutlich häufiger einen Schutzstatus. Gegen ablehnende Entscheidungen klagten 87,2 Prozent der Geflüchteten (BAMF – Bundesamt in Zahlen 2022).

Insgesamt wurden 2021 11.982 Menschen und damit deutlich mehr Menschen als im Vorjahr (2020: 10.800 Menschen) aus Deutschland abgeschoben (Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, BT-Drs.: 20/890).

Geflüchtete in Baden-Württemberg

Jedes Bundesland ist dazu verpflichtet, einen bestimmten Prozentanteil der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen, aufzunehmen. Dieser Anteil wird jedes Jahr durch den Königsteiner Schlüssel berechnet, der sich zu 2/3 aus den Steuereinnahmen und zu 1/3 aus der Bevölkerungszahl ergibt. Dementsprechend musste Baden-Württemberg im Jahr 2019 13,04 Prozent der registrierten Geflüchteten aufnehmen (Quelle: BAMF 2021: Erstverteilung der Asylsuchenden).

In Baden-Württemberg werden die Geflüchteten zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht, die über das ganze Land verteilt sind. Mehr dazu unter >> Unterbringung und Wohnen.