Flüchtlingsarbeit in Baden-Württemberg

170 Menschen bei "Gambia-Ratschlag" in Ravensburg

Pressemitteilung des BÜNDNIS FÜR BLEIBERECHT-Oberschwaben-Bodensee

170 Menschen diskutieren am 29.Januar im übervollen Kornhaussaal Ravensburg über Fluchthintergründe, die aktuelle Situation in Gambia, Perspektiven und Probleme gambischer Geflüchteter. Gegenwärtig verschickt die Ausländerbehörde des Landkreises Ravensburg Briefe, in denen geduldeten Geflüchteten aus Gambia mit dem Entzug ihrer Arbeitserlaubnis gedroht wird, sollten sie keinen gültigen gambischen Pass vorlegen. Nachdem es auch nach Auskunft der gambischen Behörden keine Möglichkeiten für eine Passbeschaffung in Deutschland gibt, droht vielen gambischen Geflüchteten das Aus ihrer bisherigen Beschäftigung und Ausbildung. Wie die betroffenen Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe können sie nicht verstehen, warum ihnen so die Möglichkeit zur Integration und wirtschaftlichen Unabhängigkeit genommen wird.
Weiter müssen sich Geflüchtete aus Gambia und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer in den Asyl-Helferkreisen derzeit mit weiteren drängenden Problemen beschäftigen: Täglicher Rassismus gegen Dunkelhäutige, schleppende Asylverfahren, Probleme bei Asyl-Anhörungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), drohende Abschiebungen, fehlende Möglichkeiten, Deutsch zu lernen u.a.
Darüber berichteten viele gambische Geflüchtete auf der Veranstaltung des Bündnisses für Bleiberecht Oberschwaben-Bodensee. Die beiden Rechtanwältinnen Brennenstuhl-Haug und Haug aus Wangen gingen auf diese und die vielen konkreten Fragen zum Asylverfahren und Aufenthaltsrecht ein.
Die beiden weiteren Referenten des Abends, Julian Staiger vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und Bubacarr Komma, Journalist aus Gambia, eröffneten mit ihren informativen Beiträgen den Abend.
Nach einem kurzen historischen Überblick nannte Staiger Fakten zu den vielfältigen politischen Gründen für die Flucht aus Gambia und widerlegte damit auch die gängige Behauptung, dass die es sich bei der Mehrheit der gambischen Geflüchteten um sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ handeln würde.
Laut Komma, der sehr detailreich über die aktuelle politische Situation in Gambia berichtete, kann auch ein Jahr nach der Präsidentschaftswahl nicht von wirklich stabilen Demokratisierung gesprochen werden. Zwar gibt es durch die neue Regierung Änderungen – aber vieles wirkt nach der Diktatur noch nach: 59% der Menschen leben immer noch in Armut, viele Gesetze gelten noch, Homosexualität ist nach wie vor strafbar, die Situation von Frauen (Genitalverstümmelung, Zwangsehe, kein Zugang zu Bildung) ist nach wie vor prekär. Eine große Gefahr für die weitere Entwicklung ist die massive Korruption, besonders im Sicherheitsapparat (Polizei und Militär), wo noch viele Anhänger des ehemaligen Diktators sitzen und die Zunahme der Kriminalität. Nach wie vor wäre das Land ohne die mehrere Millionen Rücküberweisungen von gambischen Migranten wirtschaftlich nicht überlebensfähig: Nach Schätzungen schicken besonders migrierte Afrikanerinnen und Afrikaner ca. 50 % ihrer Lohneinnahmen zurück ins Herkunftsland.
Vor diesem Hintergrund sahen die Referenten das offensichtliche Drängen der EU und Deutschlands auf verstärke Rücknahme der Migrantinnen und Migranten durch neue gambische Regierung sehr kritisch: Massenweise Rückführungen würden auch nach Einschätzung der neuen gambischen Regierung selber das Land wirtschaftlich ruinieren und politisch weiter destabilisieren.
Für menschenwürdige Lebensperspektiven der Geflüchteten hier, aber auch für eine nachhaltige Entwicklung Gambias, ­sind für die Veranstalter Sprach-, Ausbildungs- und Qualifizierungsprogramme notwendig. Sie müssen durch ein gesichertes Bleiberecht garantiert werden.
Abschiebeandrohungen und Verweigerungen von Ausbildung und Arbeit zerstören Menschen und ihre Hoffnungen. Sie sind das Gegenteil der allseits geforderten Integration und schaden außerdem auch den vielen Betrieben, die ihre gambischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dauerhaft und rechtssicher weiter beschäftigen wollen.

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