Sozialleistungen für Flüchtlinge

Wenn das eigene Arbeitseinkommen und Vermögen nicht ausreicht oder keines erwirtschaftet wird, hat man in Deutschland Anspruch auf Sozialleistungen. Die Höhe und Ausgestaltung der Sozialleistungen für Asylsuchende, Geduldete und einige weitere Gruppen ist im AsylbLG geregelt. Die Leistungen werden in der Regel vom Sozialamt des zuständigen Land- oder Stadtkreises gewährt. Anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte und Personen mit nationalem Abschiebungsverbot fallen dagegen unter das SGB II oder SGB XII, beziehen Arbeitslosengeld II und sind beim Jobcenter angesiedelt (>>Nach der Anerkennung des Asylantrags). Diese Personengruppe wird hier nicht behandelt.

Leistungsberechtigung

Neben Personen mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung fallen laut § 1 Abs. 1 AsylbLG unter anderem folgende Gruppen unter das AsylbLG:

  • Sogenannte „Kontingentflüchtlinge“, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG haben, die mit dem Zusatz „wegen des Krieges in ihrem Heimatland“ versehen ist
  • Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, die für einen vorübergehenden Aufenthalt aus humanitären Gründen erteilt wird. Hier muss genau hingesehen werden, da Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 im SGB II-Leistungsbezug sind.
  • Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, die dann erteilt wird, wenn eine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auf absehbare Zeit nicht möglich ist. Dies gilt allerdings nur, wenn die Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt (nach 18 Monaten ist man im SGB II-Bezug).
  • Vollziehbar ausreisepflichtige Personen
  • Ehegatten, LebenspartnerInnen und minderjährige Kinder aller vorgenannten Gruppen
  • FolgeantragstellerInnen

Bei Ausreise endet die Leistungsberechtigung sofort. Darüber hinaus endet sie nunmehr immer erst mit Eintritt der Bestandskraft der Bundesamtsentscheidung. In Fällen, in denen ein Verwaltungsgericht das BAMF zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung verpflichtet, findet der Wechsel in das SGB II erst statt, wenn das BAMF, die Gerichtsentscheidung tatsächlich umsetzt, sprich den Verpflichtungsbescheid erlässt. Dies sollte in der Regel innerhalb weniger Wochen geschehen. Ist dies nicht der Fall, sollte man das BAMF hierzu unter Setzung einer Frist von nicht mehr als zwei Wochen auffordern und im Falle der Untätigkeit des BAMF beim Verwaltungsgericht die Festsetzung eines Zwangsgelds beantragen. Nichts geändert hat sich für Personen, die vom BAMF „nur“ den subsidiären Schutz erhalten. Da die Entscheidung in Bezug auf den subsidiären Schutz mit Zustellung des Bescheids bestandskräftig wird und der Aufenthalt von da an als erlaubt gilt, entsteht auch die Leistungsberechtigung nach dem SGB II in diesem Moment. Das gilt auch dann, wenn die Person gegen die Ablehnung der Flüchtlingsanerkennung („Aufstockungs-“)Klage erhebt. 

Bei Personen, die ihre Anerkennung erhalten haben, muss in der Praxis darauf geachtet werden, dass rechtzeitig ein Antrag auf SGB II-Leistungen beim Jobcenter gestellt wird, damit keine Versorgungslücke entsteht. Mehr dazu unter
 >>Nach der Anerkennung des Asylantrags.

Leistungshöhe: Grund- und Analogleistungen

Grundleistungen nach § 3 AsylbLG werden einschließlich des 18. Monats des Aufenthalts in Deutschland gewährt. Die Grundleistung besteht zum Einen aus dem notwendigen Bedarf (zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts). Seit 1. September 2019 werden nun die Verbrauchsausgaben für Haushaltsenergie und Wohnungsinstandhaltung (sog. Schönheitsreparaturen) herausgerechnet, die bisher für diese Personengruppe Bestandteil der pauschalen Leistungssätze waren. In der Folge müssen diese Bedarfe nun gesondert durch das Sozialamt erbracht werden.

Zum anderen gibt es den notwendigen persönlichen Bedarf (zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens, bspw. Freizeitaktivitäten).

Die Leistungssätze müssen regelmäßig an die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe angepasst werden (§ 3a AsylbLG).

Die Leistungssätze für die einzelnen Regelbedarfsstufen (RS) können Sie der folgenden Tabelle entnehmen (Stand: 01.01.2022):

 

Grundleistungen notwendiger Bedarf

Grundleistungen notwendiger persönlicher Bedarf

Grundleistungen insgesamt

RS 1: Alleinstehende / alleinerziehende Erwachsene

204 €

163 €

367 €

RS 2:Paare in gemeinsamer Wohnung /Erwachsene bei gemeinsamer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkunft

183 €

147 €

330 €

RS 3: Haushaltsangehörige Erwachsene

163 €

131 €

294 €

RS 4: Kinder 14-17 Jahre

215 €

111 €

326 €

RS 5: Kinder 6-13 Jahre

174 €

109 €

283 €

RS 6: Kinder bis 5 Jahre

144 €

105 €

249 €


Die Berechnung des Bedarfs erfolgt in Anlehnung an die Höhe der Regelsätze im SGB II. Insgesamt sind die Leistungssätze im AsylbLG allerdings fast 20 Prozent niedriger als jene im SGB II. Der Grund hierfür ist, dass bestimmte Positionen aus dem Regelbedarf herausgerechnet werden, da sie entweder gesondert erbracht werden müssen (wie z.B. Hausrat) oder für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG nicht anfallen (z.B. Kosten für einen Personalausweis).

Seit 1. September 2019 werden alleinstehende Menschen, die in Gemeinschaftsunterkünften zusammenleben, ebenso wie Ehepaare in Regelbedarfsstufe 2 eingruppiert (§ 3a Abs. 2b AsylbLG). Der Gesetzgeber rechtfertigt dies damit, dass es sich hierbei um eine sog. „Schicksalgemeinschaft“ handelt und daher erwartet werden könne, dass diese Personen in bestimmten Bereichen gemeinsam wirtschaften und somit Einspareffekte erzielen. Einige Sozialgerichte haben diese Praxis bereits als verfassungswidrig bezeichnet, daher lohnt es sich, gegen entsprechende Leistungsbescheide vorzugehen.

Die oben genannten Beträge werden nicht in allen Fällen (komplett) bar ausgezahlt. In welcher Form die Grundleistung erbracht wird, hängt im Wesentlichen mit der Unterbringungsform (>>Unterbringung und Wohnen) zusammen:

  • Solange ein/e Asylsuchende/r in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht ist, wird der notwendige Bedarf vollständig durch Sachleistungen gedeckt. Der notwendige persönliche Bedarf soll ebenfalls in Sachleistungen gewährt werden, soweit dies „mit vertretbarem Verwaltungsaufwand“ möglich ist, andernfalls können Wertgutscheine, unbare Abrechnungen oder Geldleistungen genutzt werden.
  • Bei einer Unterbringung außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen soll der notwendige Bedarf vorrangig in Geldleistungen erbracht werden. Falls die Umstände dies erfordern (bspw. im Missbrauchsfall), kann jedoch auch hier auf unbare Abrechnungen oder Gutscheine zurückgegriffen werden. Die Positionen des notwendigen Bedarfs, die bar, als unbare Abrechnungen oder Gutscheine erbracht werden sollen, beziehen sich auf folgende Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe: Abteilung 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke), Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe), Abteilung 4 (Wohnen) und Abteilung 6 (Gesundheitspflege). Gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht wird der Bedarf für Unterkunft, Heizung, Haushaltsstrom, Wohnungsinstandhaltung und Hausrat. Der Begriff „Hausrat“ bezeichnet alles, was in einem Haushalt zur Einrichtung, zum Gebrauch oder zum Verbrauch dient, also z.B. Möbel, Haushalts- und Kochgeräte sowie Putz- und Waschmittel. Diese Gegenstände werden in der Gemeinschaftsunterkunft meist als Sachleistung erbracht. Gibt es in der Unterkunft keine Waschmaschinen, müssen auch die Kosten für den Waschsalon oder eine ähnliche Waschmöglichkeit übernommen werden. Beim Umzug in eine Wohnung oder eine Unterkunft ohne Möbel usw. besteht ein Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung und später für den laufenden Bedarf bzw. den Ersatz von defekten Gegenständen. Bei dezentraler Warmwasseraufbereitung sind zusätzlich zu den Grundleistungen auch die Warmwasserkosten zu übernehmen. Der notwendige persönliche Bedarf ist bar zu erbringen, in Gemeinschaftsunterkünften ist es jedoch auch zulässig, den notwendigen persönlichen Bedarf soweit wie möglich in Sachleistungen zu erbringen.

Ab dem 19. Monat des Aufenthalts im Bundesgebiet erhalten AsylbLG-Leistungsberechtigte gemäß § 2 AsylbLG die höheren Sozialleistungen entsprechend SGB XII, auch „Analogleistungen“ genannt. Die Leistungshöhe entspricht fortan den Hartz IV-Sätzen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Regelung ist, dass die Aufenthaltsdauer nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst wurde. Vollziehbar ausreisepflichtigen Personen, die nicht an der Beschaffung eines Heimatpasses mitwirken oder falsche Angaben zu ihrer Identität machen, dürfen somit die höheren Sozialleistungen nach SGB XII verwehrt werden. Nicht als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer gilt die Verweigerung einer freiwilligen Ausreise. Außerdem müssen betroffene Leistungsberechtigte das rechtsmissbräuchliche Verhalten selbst zu verantworten haben, d.h. Kinder dürfen nicht mit Leistungskürzungen für das Verhalten ihrer Eltern bestraft werden.

Wer eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung nach BaföG/SGB III absolviert, war lange Zeit von SGB XII-Leistungen ausgeschlossen. Dieser Ausschluss gilt seit 1. September 2019 nicht mehr für Personen mit Aufenthaltsgestattung, InhaberInnen bestimmter humanitärer AE und Geduldete in einer Ausbildung, die nach SGB III gefördert werden, sowie für InhaberInnen humanitärer AE und Geduldete, deren Schulbesuch/Studium nach BaföG gefördert wird. Bei Gestatteten, die eine unter das BaföG fallende Ausbildung, etwa ein Studium, absolvieren, können Leistungen als (nicht rückzahlbare) Beihilfe oder Darlehen gewährt werden; Beihilfe und Darlehen können auch kombiniert werden. Dadurch wird die zuvor bestehende Förderlücke zumindest teilweise geschlossen. 

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Anspruchseinschränkungen

Die Grundleistungen können in bestimmten Fällen eingeschränkt werden.

Seit 1. September 2019 ist in § 1 Abs. 4 AsylbLG ein Leistungsausschluss für vollziehbar ausreisepflichtige Personen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG geregelt, die in einem anderen Dublin-Anwenderstaat internationalen Schutz erhalten haben. Diese haben keinen Anspruch auf Asylbewerberleistungen, solange der internationale Schutz fortbesteht. Einmalig können dieser Personengruppe in einem Zeitraum von zwei Jahren eingeschränkte Überbrückungsleistungen in Höhe der eingeschränkten Leistungen nach § 1a Abs. 1 AsylbLG gewährt werden, die dezidiert dazu dienen sollen, den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken. Eine über zwei Wochen hinausgehende Gewährung solcher Leistungen ist nur im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage vorgesehen. Insbesondere wenn Kinder oder sonstige besonders schutzbedürftige Personen betroffen sind, sollten solche „Härtefallanträge“ gestellt werden. In der Praxis sollte zudem eruiert werden, ob Gründe für die Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG vorliegen. Wird eine solche erteilt, fallen die betroffenen Personen unter § 1 Abs. 4 AsylbLG und damit nicht mehr in die von Asylbewerberleistungen komplett ausgeschlossene Fallgruppe.

Darüber hinaus regelt § 1a AsylbLG Fälle, in denen Leistungseinschränkungen greifen. Seit 1. September 2019 ist der Leistungsumfang bei den verschiedenen Arten von Leistungseinschränkungen einheitlich in § 1a Abs. 1 AsylbLG geregelt. Dementsprechend besteht bei Leistungseinschränkungen kein Anspruch mehr auf Leistungen nach den §§ 2,3 und 6 AsylbLG. Eingeräumt wird nur noch ein Minimalanspruch auf Sachleistungen für Unterkunft (einschließlich Heizung), Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Daneben werden medizinische Leistungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AsylbLG erbracht. Nur bei besonderen Umständen des Einzelfalls kann ein darüber hinausgehender Mehrbedarf bewilligt werden. Folgende Personengruppen sind von Leistungseinschränkungen betroffen

  • Vollziehbar ausreisepflichtige Personen ohne Duldung, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben laut Abs. 1 ab dem ersten Tag nach dem Ausreisetermin nur noch den oben bezeichneten Minimalanspruch. Ausgenommen von der Kürzung sind Personen, die ihre Ausreise unverschuldet nicht antreten konnten.
  • Geduldete sowie sonstige vollziehbar ausreisepflichtige Personen, denen vorgeworfen wird, dass sie nur nach Deutschland eingereist sind, um Sozialleistungen zu beziehen, erhalten gemäß § 1a Abs. 2 eingeschränkte Leistungen. Dieses Motiv ist von der Leistungsbehörde nachzuweisen. Grundlage für die Annahme eines solchen Missbrauchs kann etwa der Vortrag in der Asylanhörung bilden, allein aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland eingereist zu sein. Vor einer Leistungseinschränkung ist der betroffenen Person in jedem Fall Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, um den Missbrauchsverdacht zu entkräften.
  • Ebenfalls von einer Leistungseinschränkung sind Personen betroffen, bei denen aus selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (Abs. 3), bspw. weil dafür nötige Ausweispapiere nicht beantragt werden oder über die Identität getäuscht wird. Sie haben ab dem Tag, der auf jenen folgt, an dem die Abschiebungsandrohung bzw. -anordnung vollziehbar geworden ist, nur noch den in Abs. 1 beschriebenen Minimalanspruch. In Fällen, in denen der Asylantrag als „einfach unbegründet“ abgelehnt wird, wird die Abschiebungsandrohung erst mit Bestandskraft der Entscheidung vollziehbar. Wird der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt oder handelt es sich um einen „Dublin-Fall“ mit Abschiebungsanordnung, tritt die Vollziehbarkeit bereits mit Zustellung des Bescheids ein. Solange über einen Eilantrag noch nicht entschieden ist, ist eine Leistungskürzung allerdings unzulässig, weil hier das Gesetz die Abschiebung verbietet, diese also nicht (nur) „aus von der betroffenen Person selbst zu vertretenden Gründen“ scheitert. Ganz generell gilt, dass das selbst verschuldete Ausreisehindernis auch alleinige Ursache für die Unmöglichkeit der Ausreise sein muss. Wenn beispielsweise für die Ausreise nötige Papiere nicht beantragt werden und gleichzeitig eine schwere Erkrankung vorliegt, die die Abschiebung unmöglich macht, ist eine Leistungskürzung nicht rechtmäßig. Dasselbe gilt, wenn das Herkunftsland generell oder – wie in Zeiten der Coronakrise – in absehbarer Zeit nicht aufnahmebereit ist. Hier wäre eine Abschiebung selbst dann nicht möglich, wenn die betroffene Person die geforderte Mitwirkungshandlung, etwa die Passbeschaffung, vornimmt.
  • Gleichermaßen von einer Leistungseinschränkung sind gestattete oder vollziehbar ausreisepflichtige Personen betroffen, für die im Rahmen einer Umsiedlungsaktion innerhalb der Europäischen Union ein anderer Staat als zuständig bestimmt wurde (Abs. 4). Das Gesetz bezieht sich auf die sog. „Relocation-Flüchtlinge“, die aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten verteilt werden (sollen). Außerdem fallen als international Schutzberechtigte anerkannte Personen, die noch in der Aufenthaltsgestattung sind oder ein Asylgesuch formuliert haben, unter diese Regelung.
  • Personen mit einer Aufenthaltsgestattung sowie FolgeantragstellerInnen können in folgenden Fällen mit Leistungskürzungen belegt werden:
    • Der Pflicht zur unverzüglichen Asylantragstellung (§ 13 Abs. 3 AsylG) wurde nicht entsprochen.
    • Der Pass oder Passersatz wurde den zuständigen Behörden nicht vorgelegt, wie es im Rahmen der in § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylG beschriebenen Mitwirkungspflicht vorgesehen ist. Das setzt voraus, dass sich der Pass im Besitz der antragstellenden Person befindet. Diese Sanktion darf nicht dazu eingesetzt werden, Personen ohne Pass unter Druck zu setzen, sich bei ihrer Heimatbotschaft um Reisedokumente zu bemühen. Eine Passbeschaffung unter Kontaktaufnahme mit Behörden des Herkunftsstaates im laufenden Asylverfahren darf die Ausländerbehörde von Asylsuchenden grundsätzlich nicht verlangen, was sich unter anderem aus § 60b Abs. 2 Satz 2 AufenthG ergibt.
    • Sonstige zur Identitätsfeststellung erforderliche Unterlagen im Besitz der antragstellenden Person werden nicht vorgelegt.
    • Die Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG wird nicht erfüllt, insofern als — falls kein Pass oder Passersatz vorgelegt wird — nicht an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitgewirkt wird und die für die Feststellung von Identität und Staatsangehörigkeit relevanten Datenträger nicht zum Auslesen ausgehändigt werden.
    • Die Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylG wird nicht erfüllt, insofern die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Behandlungen nicht geduldet werden.
    • Der Termin zur förmlichen Asylantragstellung beim BAMF wurde nicht wahrgenommen.
    • Angaben über die Identität bzw. Staatsangehörigkeit werden verweigert.

Allerdings kommen Leistungskürzungen nur in Betracht, wenn die antragstellende Person an der Pflichtverletzung ein Verschulden trifft. Bei einem verpassten Termin zur Antragstellung sind Leistungskürzungen zudem unzulässig, wenn die Terminwahrnehmung aus einem wichtigen Grund nicht möglich war. Sobald die Mitwirkungspflicht wieder erfüllt wird, erhält der Asylsuchende wieder den vollständigen Leistungssatz. Im Falle des selbstverschuldet verpassten Termins wird die Leistungskürzung erst bei Nachholen des Termins eingestellt. Hierdurch entstehen teilweise sehr lange Wartezeiten.

Leistungskürzungen sind seit August 2016 auch dann möglich, wenn die betreffende Person einer (rechtmäßigen) Verpflichtung durch die Sozialbehörde zur Wahrnehmung einer Flüchtlingsintegrationsmaßnahme nach § 5a AsylbLG nicht nachkommt. Seit Januar 2017 gilt dies auch für Asylsuchende, die der Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs nicht nachkommen (§ 5b AsylbLG).

Seit 1. September 2019 sind gemäß § 1a Abs. 6 AsylbLG auch Leistungskürzungen möglich, wenn vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das vor Eintritt von Leistungen aufgebraucht werden muss, nicht angegeben oder unverzüglich mitgeteilt wird und folglich zu Unrecht Leistungen bezogen werden.

Ebenfalls seit 1. September 2019 gibt es Leistungskürzungen für Personen im Dublin-Verfahren (§ 1a Abs. 7 AsylbLG).  Diese greifen frühestens, wenn der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und diese Ablehnung mit einer Abschiebungsanordnung verbunden wurde. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn gegen den Bescheid Klage erhoben wurde. Eine Leistungseinschränkung ist dagegen unzulässig, wenn das BAMF die Vollziehung der Abschiebungsanordnung ausgesetzt oder die Unzulässigkeitsentscheidung ausnahmsweise mit einer Abschiebungsandrohung verbunden hat. Die Leistungseinschränkung ist außerdem zu beenden, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag auf Anordnung der abschiebenden Wirkung stattgegeben hat.

Bei einem Verstoß gegen die Wohnsitzauflage soll gemäß § 11 Abs. 2 AsylbLG regelmäßig nur noch eine Beihilfe für die Reise zum in der Wohnsitzauflage genannten Ort gewährt werden.

Gegen eine Leistungskürzung können Widerspruch und Klage eingereicht werden. Beide Rechtsmittel haben nach § 11 Abs. 4 AsylbLG jedoch keine aufschiebende Wirkung, es muss parallel folglich ein Eilantrag beim zuständigen Sozialgericht gestellt werden, um schnell die regulären Leistungen zu erhalten.

Gemäß § 14 AsylbLG muss nach sechs Monaten geprüft werden, ob die Voraussetzungen für Leistungseinschränkungen noch vorliegen.

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Sonstige Leistungen

Sonstige Leistungen (§ 6 AsylbLG) können insbesondere dann gewährt werden, wenn sie „im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerläßlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind“. Besonders bei medizinischen Behandlungen, die mit Verweis auf § 4 AsylbLG verweigert werden, empfiehlt es sich, auch den Anspruch nach § 6 AsylbLG prüfen zu lassen (>>Gesundheitsleistungen für Geflüchtete). Daneben fallen unter die sonstigen Leistungen u.a. Eingliederungshilfen für behinderte Kinder und Erwachsene, Leistungen zur ambulanten oder stationären Pflege, Bestattungskosten, Passbeschaffungskosten für Geduldete und Fahrten zur Botschaft sowie besondere Bedarfe aufgrund von Schwangerschaft und Geburt (z.B. Kosten für Kinderwagen und -bett). Nicht zu den Leistungen nach § 6 AsylbLG gehören die Kosten für Umstandskleidung und Erstausstattung mit Säuglingsbekleidung. Diese Gegenstände sind im Rahmen der Grundleistung nach § 3 AsylbLG in der Regel als Sachleistung oder durch Wertgutscheine zu gewähren. Abgesehen von § 6 AsylbLG können AsylbLG-Bezieherinnen auch Leistungen der „Bundesstiftung Mutter und Kind“ beantragen.

Für Personen, die unter eine der oben genannten Leistungseinschränkungen fallen, werden sonstige Leistungen nicht gewährt.

Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket

Kinder, die unter das AsylbLG fallen, haben  Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen entsprechend dem SGB XII (§ 34 ff. SGB XII). Hiervon ausgenommen sind von einer Leistungseinschränkung betroffene Personen.

Um Bildungs- und Teilhabeleistungen zu beziehen, muss die asylsuchende Person, bei der die Kinder im Ausweisdokument aufgeführt werden, in der Regel einen Antrag beim Sozialamt des Land-/Stadtkreises stellen und ihren AsylbLG-Bescheid vorlegen. Antragsformulare sind beim zuständigen Sozialamt hinterlegt. Für jedes Kind bzw. jede/n Jugendliche/n muss ein eigener Antrag eingereicht werden, verschiedene Leistungen für ein Kind können jedoch gemeinsam beantragt werden. Es empfiehlt sich, im Antrag stets die Telefonnummer einer Person anzugeben, die sich auf Deutsch verständigen kann. Die Leistungen, die über das Bildungs- und Teilhabepaket beantragt werden können, sind im Einzelnen:

  • Tatsächliche Kosten für die Teilnahme an Schul-/Kita-Ausflügen
  • Persönlicher Schulbedarf in Höhe von 150 € jährlich
  • SchülerInbeförderung zur nächstgelegenen Schule 
  • Kosten für eine ergänzende angemessene Lernförderung (Nachhilfe), die nicht ehrenamtlich organisiert ist. Zur Beantragung der Kosten für Lernhilfe muss zusätzlich die Anlage „Lernförderbedarf“ ausgefüllt sowie eine Bestätigung der Schule über den Lernförderbedarf beigebracht werden.
  • Mehraufwand für ein gemeinschaftliches Mittagessen in Schule oder Kita 
  • Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (z.B. Aktivitäten in Vereinen, Musikunterricht, Freizeiten) in Höhe von bis zu 10 € pro Monat

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Bezug von Arbeitslosengeld I bei vorheriger Erwerbstätigkeit

Auch Asylsuchende und Geduldete können Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben und zwar bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen:

  • Sie waren innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
  • Sie bemühen sich darum, wieder Arbeit zu erhalten und stehen für die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung. Dies ist auch mit einem nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt möglich, also auch dann, wenn die Ausübung einer Beschäftigung zwar derzeit verboten ist, aber von der ABH erlaubt werden könnte. Lediglich Personen mit einem kategorischen Erwerbstätigkeitsverbot stehen den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit deshalb nicht zur Verfügung.
  • Sie sind arbeitslos gemeldet.

Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I liegt in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten. Nach Ablauf dieser Zeitspanne haben Asylsuchende und Geduldete keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (sog.“ Hartz IV“), sondern sind wieder leistungsberechtigt nach dem AsylbLG und müssen daher einen Antrag auf Leistungen beim Sozialamt stellen. Die Asylbewerberleistungen sind von Amts wegen zu gewähren, es muss also kein erneuter Antrag gestellt werden.

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Anrechnung von Einkommen und Vermögen

§ 7 AsylbLG regelt, wie mit bereits vorhandenem Vermögen sowie mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit verfahren wird. Kurz zur Unterscheidung der beiden Begriffe: „Einkommen“ bezeichnet Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die dem Betroffenen im jeweiligen Bewilligungszeitraum zufließen. „Vermögen“ bedeutet Einkünfte in Geld und Geldeswert, die zum Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums bereits vorhanden waren.

Mitgebrachtes Geldvermögen muss vor dem Bezug von AsylbLG-Leistungen aufgebraucht werden. Die Sozialämter können vorhandenes Vermögen auch als Sicherheitsleistung für zukünftig entstehende Kosten einbehalten (§ 7a AsylbLG). Für jedes Familienmitglied gilt allerdings ein Vermögensfreibetrag von 200 €, damit die Bildung von kleinen finanziellen Rücklagen möglich ist (§ 7 Abs. 5 AsylbLG). Wird bestehendes Vermögen nicht angegeben oder unverzüglich mitgeteilt, werden die Leistungen gemäß § 1a Abs. 6 AsylbLG gekürzt.

Einkommen wird auf die Geldleistungen nach dem AsylbLG angerechnet. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit muss dem Sozialamt gemäß § 8a AsylblG innerhalb von drei Tagen nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit gemeldet werden. Es gibt pro Person einen Freibetrag vom Erwerbseinkommen. Dieser beträgt 25 Prozent vom Bruttoeinkommen, höchstens aber 50 Prozent des jeweiligen Regelbedarfs. Vom Einkommen absetzbar sind Steuern, Sozialabgaben sowie die Werbungskostenpauschale (§ 7 Abs. 3 AsylbLG). Seit 1. September 2019 ist darüber hinaus geregelt, dass Menschen im Bezug von Asylbewerberleistungen monatlich 200 € aus bestimmten ehrenamtlichen Nebentätigkeiten hinzuverdienen können. Gegebenenfalls können auch Beiträge zu Versicherungen und Ausgaben, die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit verbunden sind, vom Einkommen abgesetzt werden (§ 7 Abs. 3 Satz 4 AsylbLG).

Verdient eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende Person, die in eine der in § 1 AsylbLG genannten Gruppen fällt, selbst Geld, müssen ggf. die anfallenden Kosten für Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie erstattet werden. Diese Pauschalbeträge werden in Baden-Württemberg durch die Landratsämter oder Bürgermeisterämter (§ 9 Abs. 5 Satz 4 FlüAG) per Gebührenverordnung bzw. Satzung festgesetzt. Teilweise fallen so erhebliche Pauschalbeträge an. Nicht als Einkommen gelten Renten, Beihilfen, Entschädigungsleistungen, (Mehr-)Aufwandsentschädigungen für Arbeitsgelegenheiten bzw. Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen und Fahrtkostenzuschüsse vom BAMF zur Teilnahme an einem Integrationskurs oder berufsbezogenem Deutschkurs.

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Arbeitsgelegenheiten und Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen

In Erstaufnahmeeinrichtungen sowie bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern können sog. Arbeitsgelegenheiten gemäß § 5 AsylbLG eingerichtet werden. Für eine Arbeitsgelegenheit wird eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde ausgezahlt. Auf Nachweis sind durch die Arbeitsgelegenheit entstandene höhere Aufwendungen zu erstatten. Arbeitsgelegenheiten gelten als nicht zumutbar bei Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit sowie wenn Personen das Renteneintrittsalter erreicht haben oder sonstige wichtige Gründe der Tätigkeit entgegenstehen (§ 5 Abs. 3 AsylbLG i.V.m. § 11 Abs. 4 SGB XII). Letzteres ist insbesondere bei Aufnahme einer Beschäftigung, einer Berufsausbildung oder eines Studiums gegeben. Liegen keine solchen Gründe vor, können AsylbLG-Leistungsberechtigte zur Wahrnehmung einer Arbeitsgelegenheit verpflichtet werden. Bei unbegründeter Ablehnung einer Arbeitsgelegenheit drohen Leistungskürzungen gemäß § 1a AsylbLG. Seit August 2016 können auch BezieherInnen von „Analogleistungen“, also solche, die sich länger als 15 Monate in Deutschland aufhalten, gemäß § 2 AsylbLG zur Wahrnehmung von Arbeitsgelegenheiten verpflichtet werden.

Seit August 2016 werden auch über das Arbeitsmarktprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ (FIM) (§ 5a AsylbLG) durchgeführt. Diese werden von der Bundesagentur für Arbeit gefördert und stehen Personen aus sog. „sicheren Herkunftsstaaten“ sowie Geduldeten und vollziehbar Ausreisepflichtigen (im Gegensatz zu den Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG) nicht zur Verfügung. Kommt man einer Verpflichtung zur Wahrnehmung einer Flüchtlingsintegrationsmaßnahme nicht nach, werden die AsylbLG-Leistungen ebenfalls gekürzt.

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