Die Dublin III Verordnung heißt in der formalen aktuellen Version „22. Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung einem von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist.“
Die für die Praxis wichtigsten grundsätzlichen Kriterien in der nachfolgend aufgeführten Rangfolge zur Bestimmung der oben genannten Zuständigkeit sind folgende:
- Bei unbegleiteten Minderjährigen ist derjenige Staat zuständig, in dem sich ein Familienangehöriger oder eines seiner Geschwister rechtmäßig aufhält. Einzustellen in die Entscheidung ist dabei immer vorrangig das Kindeswohl (Art. 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 S. 1 Dublin III VO).
- Für Antragsteller mit einem Familienangehörigen mit einem internationalen Schutzstatus (Flüchtlingsanerkennung/subsidiärer Schutz), ist grundsätzlich auf schriftlichen Antrag hin derjenige Mitgliedstaat zuständig, der diesen Status anerkannt hat und aufgrund dieses Status aufenthaltsberechtigt ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat (Art. 9 Dublin III VO). Achtung: Auch der Familienangehörige muss einen schriftlichen Antrag vorlegen. Für Antragsteller mit einem Familienangehörigen, über dessen Antrag auf einen internationalen Schutzstatus noch nicht erstmalig entschieden ist, ist grundsätzlich auf schriftlichen Antrag hin derjenige Mitgliedstaat zuständig, in dem dieses Verfahren anhängig ist (Art. 10 Dublin III VO). Achtung: Auch der Familienangehörige muss einen schriftlichen Antrag vorlegen.
- Für Familienverfahren gilt: Werden gleichzeitig oder eng aufeinanderfolgend Anträge auf internationalen Schutz gestellt so gilt zur Vermeidung einer Trennung der Familien, dass grundsätzlich derjenige Mitgliedstaat zuständig ist, der nach den oben genannten Kriterien für den größten Teil der Anträge zuständig ist (Art. 11 Dublin III VO).
- Bei Vorliegen von entsprechenden Beweismitteln (z.B. Fingerabdrücken) ist derjenige Mitgliedstaat zuständig, dessen Grenzen aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten wurden. (Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO)
Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, wird in der Praxis entsprechend Art. 21 Abs. 1 Dublin III VO um die Aufnahme der geflüchteten Person ersucht. Das Ersuchen geht von demjenigen Mitgliedstaat aus, in dem die Person erneut einen Antrag gestellt hat. Der ersuchte Mitgliedstaat entscheidet dann, so die Theorie, innerhalb von zwei Monaten über dieses Ersuchen (Art. 22 Dublin III VO). Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. (Art. 29 Abs. 2 S. 1 Dublin III VO) Seit dem Urteil des Europäische Gerichtshofs vom 25.10.2017 (Az.: C-201/16) steht fest, dass sich ein Antragsteller darauf berufen kann, wenn die 6 Monatsfrist (Art. 29 Abs. 2 S. 1 Dublin III VO) bereits abgelaufen ist (sog. Drittschutz).
Wenn die betreffende Person flüchtig ist, kann diese Überstellungsfrist auf höchstens achtzehn Monate verlängert werden (Art. 29 Abs. 2 S. 2 2. HS Dublin III VO).
Eine „Flucht“ iSd Artikel 29 Absatz II 2 Dublin III-VO setzt objektiv ein Nichterreichen und subjektiv ein „Entziehenwollen“ voraus. Ein Flüchtigsein liegt vor, wenn sich der Antragsteller den zuständigen nationalen Behörden entzieht und die Überstellung objektiv unmöglich macht, um diese subjektiv bewusst zu vereiteln (so etwa VGH BW NJOZ 2020, 112).
Gegen die Überstellungsentscheidung sieht die Verordnung die Möglichkeit vor, gerichtlich vorzugehen. (Art. 27 Abs. 1 Dublin III VO)